Bei meinen Großeltern gab es eine Diele, die in einen Flur über ging. Dort stand genau im Übergang, neben der Toilettentür, ein Schränkchen aus dunklem Holz. Das Schränkchen war nicht sehr tief, dafür aber um so höher. Deutlich sichtbar thronte darauf ein grünes Telefon mit Wählscheibe, neben dem an der Wand ein Kalender hing. Es war ein immerwährender Kalder, auf dem man mit roten Schiebereglern Wochentag und Datum (Tag und Monat) einstellen konnte. Bei jedem unserer Besuche durften wir ihn verstellen. So wusste meine Oma immer, wann wir das letzte Mal da gewesen waren.
In dem Schränkchen verbarg sich damals schon ein Schatz. Denn dort stand ihr quietschoranges Nähkästchen und ihre Nähmaschine. Ich fand schon das Nähkästchen meiner Mutter überaus spannend, weil es dort so viele interessante Dinge zu entdecken gab: Knöpfe, Hosenträger, Aufnäher, Reisverschlüsse. Das von meiner Oma hatte vor allem eine tolle Farbe. Vor ein paar Jahren, als meine Oma noch lebte, da erbte ich dieses Nähkästchen, weil meine Oma Alzheimer hatte und sie die vielen Schätze darin nicht mehr verwenden konnte.
Die Nähmaschine aber nahm mein Großvater mit ins Altenheim, weil er sie auch mit nur einem Arm verwenden konnte. Nun ist mein Großvater vor ein paar Wochen verstorben. Geblieben sind mir viele Erinnerungen aus meiner Kindheit. Und geerbt habe ich eine Nähmaschine, die so alt ist wie ich und die schon damals als ich Kind war in dem Schränkchen zwischen Diele und Flur stand.