Mein Opa ist vor etwa 1 1/2 Jahren gestorben. Diesem Umstand verdanke ich meine heißgeliebte Singer Nähmaschine. Nur weil ich diese Nähmaschine besitze liebe ich das Nähen so sehr. Mit meiner vorherigen Billigmaschine, die so laut war wie ein Presslufthammer und zickte, wie ein störrischer Esel machte das Nähen keinen Spaß.
Ich denke oft an meinen Opa. Er hatte nur einen Arm. Den linken hatte er im Krieg verloren. Nach dem Krieg wurde er Beamter. Er hat an den Schleusen im Ruhrgebiet seinen Dienst getan. Im Jahr bevor er starb habe ich zum ersten Mal von ihm erfahren, dass er eigentlich gelernter Müller war. Aber mit nur einem Arm kann man keine Mehlsäcke mehr schleppen. Der Verlust seines Armes war sein Glück. Wer nicht Kriegsversehrter war hatte es schwerer Arbeit zu finden.
Für mich war mein Großvater immer komplett, auch wenn er nur einen Arm hatte. Er hat seinen Alltag bewältig als gäbe es diese Behinderung nicht. Was er wollte, das schaffte er auch. Mit schierem Willen, so scheint es, werkelte er in seinem Keller an Uhren. Er baute Gehäuse für Uhrwerke. Eine dieser Uhren erbte ich schon lange bevor er starb.
Diese Uhr (links auf dem Bild) zog mit mir zum Studium nach Konstanz, wieder zurück nach Bochum und hängt nun neben unserem Hochzeitsfoto im Schlafzimmer. Natürlich ist sie nicht aufgezogen. ich würde wahnsinnig werden von all dem Geticke ;o)
Mein Opa liebte Uhren, baute sie und sammelte sie. In „seinem Zimmer“ und auch in der restlichen Wohnung meiner Großeltern waren sie überall zu finden. Kleine und Große. Hängende und Stehende. Kaminuhren und Standuhren. Mit Melodien und mit Gong. Vielen davon waren aufgezogen und wenn ich als Kind bei meinen Großeltern übernachtet habe, dann tickte es überall. Manchmal hatte ich Angst und dann hat mein Opa Batterien entfernt oder Uhren aus „seinem Zimmer“ weggestellt.
Das Zimmer meines Großvaters war eine Schatzkammer. Es gab Uhren und andere Spielereien. Einmal hat er eine Telefonanlage für uns gebaut. Die Telefone dazu hatten die aberwitzigsten Formen, wie ein Klavier, ein Rennwagen, ein Hubschrauber. Mit langen Kabeln verteilten wir Kinder uns in der Wohnung meiner Großeltern und telefonierten stundenlang miteinander.
Neben solcher Spielereien gab es auch eine Carrerabahn, die er aufbaute, wenn wir es wollten. Und er hatte Bücher. Bücher zur Familiengeschichte, Stammbäume, sogar zum Familienwappen. Ich fand Geschichte schon immer spannend, wie man ja an meinen Studienfächern sieht ;o) Aber ich mochte auch Geschichten schon immer sehr. Und als ich ein Teenager war, da hat mein Großvater mit sechs Märchenbücher geschenkt, die schon lange bei ihm standen. Sie hatten rote Einbände und einen illustrierten Deckel. Ich sollte gut auf sie acht geben. Das tat ich auch, bis ich zum Studium nach Konstanz ging. Wenn ich auszog, dann sollte ich alles mitnehmen, was nicht mitkommt, kommt in den Müll. So die Anweisung. Schweren Herzens habe ich mich von vielen Dingen getrennt, denn auch wenn mein Zimmer in Konstanz nicht kleiner war als Zuhause, so hatte ich neben meinem normalen Kram auch noch zusätzlich zum ersten Mal Hausrat.
Am Samstag auf dem MidnightBazar in Dortmund fand ich genau diese Bücher wieder. Für kleines Geld kamen sie mit nach Hause und bezogen sofort ein Regalbrett neben anderen Kinder- und Märchenbüchern vom weltbesten Mann und mir. Es ist als hätte ich ein Stück Erinnerungen zurückbekommen und ich musste wieder viel an meinen Opa denken.
Jedes einzelne Erinnerungsstück auf den Bildern hier findet sich in meinem kleinen Baumhaus wieder. Ich liebe sie sehr, denn für mich bedeuten sie ein Stückchen Kindheit. Ich bin froh etwas für mich so kostbares auf dem Trödel gefunden zu haben, auch wenn es nicht genau die Bücher von meinem Großvater sind.
Diese grüne Uhr zum Beispiel hing bei meinen Großeltern in der Küche, später im Zimmer meines Großvaters im Altenheim und jetzt hat sie einen Platz in unserer Küche. Unsere Küche ist blau und die Uhr grün und doch passen sie sehr gut zusammen. Die Küche meiner Großeltern war weiß. Wenn ich daran denke, dann sehe ich sie deutlich vor meinem inneren Auge. Ich schaue gerne auf diese Uhr, wenn ich die Zeit wissen will. Und ich mag es die Uhr in der Hand zu haben, wenn sie wieder eine Stunde vor oder zurück gestellt werden muss :o)
Habt Ihr auch solche Erinnerungsstücke in eurer Wohnung? Gibt es welche, die ihr gerne zurück hättet weil sie aus welchem Grund auch immer verloren gegangen sind? Ich würde mich freuen, wenn ihr mir davon erzählt. Per Kommentar, per Mail, in einem Posting auf eurem Blog… ganz egal.
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